Für viele Hundebesitzer stellt sich leider nach dem Kauf die Frage nach Ansprüchen gegen den Züchter. Ich freue mich deshalb, zu diesem schwierigen Thema einen Gastbeitrag von aus Krefeld veröffentlichen zu dürfen!
Das Kaufrecht des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) regelt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Es normiert nicht nur nach § 433 BGB die Pflicht des Verkäufers zur Herausgabe und Übereignung der Kaufsache und die Pflicht des Käufers zur Kaufpreiszahlung. Die §§ 433 ff. BGB regeln zudem eine Reihe von Neben- und Ersatzpflichten. Und dies unabhängig von der Kaufsache.
Die Normen sind generell und abstrakt formuliert und sollen auf alle Kaufgegenstände gleichermaßen anzuwenden sein. Beim Hundekauf ergeben sich allerdings einige Besonderheiten, die nachfolgend erläutert werden.
I. Der Start ins Gewährleistungsrecht beim Hundekauf
Das Gewährleistungsrecht findet immer dann Anwendung, wenn der Kaufgegenstand „mangelhaft“ und der Verkäufer somit seiner vertraglichen Verpflichtung nicht genügend nachgekommen ist.
Mangelhaft ist die Kaufsache regelmäßig dann, wenn ihre tatsächliche Beschaffenheit zum Zeitpunkt der Übergabe negativ von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Wenn keine Vereinbarung diesbezüglich getroffen wurde liegt ein Mangel dann vor, wenn sich der Kaufgegenstand nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder die tatsächliche Beschaffenheit der Kaufsache nicht derjenigen entspricht, die der Käufer redlicherweise hätte erwarten dürfen.
Insofern ein solcher Mangel vorliegt, braucht ihn der Käufer nicht dulden.
II. Der mangelhafte Hund
Bei der Bestimmung eines Mangels muss zunächst der vereinbarte oder für gewöhnlich zu erwartende Idealzustand einer Sache festgemacht werden. Erst danach lassen sich Diskrepanzen hinsichtlich der tatsächlichen Beschaffenheit ausmachen, die den Mangel darstellen.
Bei einem Hund ist dies oft nicht einfach. Ein Hund ist ein vielfach nicht berechenbares Lebewesen. Seine Beschaffenheit, also die ihm unmittelbar anhaftenden Eigenschaften, können unvorhersehbaren Veränderungen unterliegen. Zudem ist der Zustand des Tieres vielmals der natürlichen Gewalt unterworfen und vom Menschen nur bedingt beherrschbar. Demnach fragt sich, ob überhaupt und wenn ja welche konkrete Beschaffenheit ein Verkäufer zusagen kann und wie sich der Idealzustand eines Hundes bemisst.
Bei der Bestimmung des vertraglichen Idealzustandes kann nicht vorausgesetzt werden, dass ein Hund in vollem Umfang der biologischen Idealnorm entspricht. Bei einem Lebewesen kommen genetisch bedingte Abweichungen vom physiologischen Idealzustand relativ häufig vor. Insofern kann nicht jeder dieser Abweichungen einen Mangel begründen. Für den Fall, dass die Anomalie keinen Einfluss auf die „Nutzbarkeit“ des Hundes hat oder sich hieraus zukünftig nur mit geringer Wahrscheinlichkeit beeinflussende Symptome entwickeln werden, ist der vertragliche Idealzustand gewahrt. (z.B. Haarkleid, wenn nicht ausdrücklich vereinbart, Augenstellung, Größe usw.)
Gemäß § 442 BGB sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels allerdings dann ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel zum Zeitpunkt des Kaufes kannte, er also nach Inaugenscheinnahme des Tieres oder mittels anderweitiger Informationen den Zustand des Tieres einschätzen konnte. (z.B. der Hund lahmte bereits bei Übergabe; die Augen tränten usw.) Wenn er den Hund dennoch kauft, ist er hinsichtlich der schlechteren Beschaffenheit nicht schutzwürdig. Gleiches gilt, wenn ihm infolge grober Fahrlässigkeit ein Mangel unbekannt geblieben ist. Hier ist er nur noch dann schutzwürdig, wenn ihm der Käufer diesen Mangel arglistig verschwiegen hat.
III. Beweislast bezüglich des Mangels
Erwirbt der Käufer den Hund und entdeckt er nach der Übergabe den Mangel, so muss er in der Regel beweisen, dass der Mangel bereits vor dem Kauf vorlag, um Gewährleistungsrechte geltend machen zu können. Das Gewährleistungsrecht schützt den Käufer nur hinsichtlich des Erhalts eines vereinbarungsgemäßen Kaufgegenstandes. Das Gewährleistungsrecht gibt dem Käufer jedoch kein Recht zum späteren Umtausch für den Fall, dass ein Mangel erst nach der Übergabe entsteht. Sobald sich ein Mangel später zeigt muss der Käufer nachweisen, dass der mangelbegründende Umstand bereits vor dem Kauf vorlagen. Ein vereinfachtes Verfahren existiert für den Käufer, wenn er Verbraucher und der Verkäufer Unternehmer im Sinne des BGB ist. Hier besteht zu seinen Gunsten eine Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB. In diesem Fall wird vermutet, dass ein Mangel bereits vor Gefahrenübergang vorlag, sobald er sich in den ersten 6 Monaten hiernach zeigt. Der Käufer ist als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB anzusehen, wenn er den Hund für private Zwecke erwirbt. Der Verkäufer wird als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB eingestuft sofern er mit dem Kauf wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Dies kann unter Umständen sogar schon dann der Fall sein, wenn er bisher erst einen einzigen Hund am Markt anbot und mit dem Erlös noch keinen Gewinn erzielt hat. Entscheidend sind seine Bemühungen und der Umfang, mit dem er die Ware anbietet. Lassen diese Kriterien den Entschluss zu, dass eine kaufmännisch betriebene Zucht zumindest begründet werden soll, wird die Unternehmereigenschaft angenommen.
Die Beweislastumkehr ist nach § 474 Absatz 2 BGB allerdings dann nicht anzuwenden, wenn der Kaufgegenstand gebraucht ist und im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung erworben wird.
Auch hier bereiten die allgemeinen Normen des Kaufrechtes erneut erhebliche Schwierigkeiten, wenn sie auf den Tierkauf angewendet werden sollen.
Ab wann ist ein Hund gebraucht? Lebewesen können jung, alt sein oder irgendwie dazwischen liegen. Die Kategorisierung zwischen „neu“ und „gebraucht“ ist hierbei unsachlich und unangemessen, muss allerdings rechtlich auch beim Tier vorgenommen werden, da es für den Tierkauf keine spezielleren Normen mehr gibt. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Tier wohl dann als gebraucht anzusehen, wenn es noch nicht mit Risiken behaftet ist, die durch seinen Gebrauch entstehen.
IV. Rechtsfolgen beim Kauf eines mangelhaften Hundes
Der Käufer hat gegenüber dem Verkäufer eine Reihe von Rechten, sofern feststeht, dass der gekaufte Hund zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs mangelhaft war.
Er kann Nachbesserung, Kaufpreisminderung, Rückzahlung des Kaufpreises nach Vertragsrücktritt oder unter Umständen Schadensersatz verlangen. Allerdings nicht ganz frei nach Wahl. Das deutsche Kaufrecht sieht das Primat der Nacherfüllung vor. Demnach muss dem Verkäufer zunächst immer die Möglichkeit eingeräumt werden den Schaden selbst zu beheben. Bei der Nacherfüllung besteht die Wahl zwischen Nachbesserung oder Neulieferung.
Doch auch hier ergeben sich Schwierigkeit beim Tierkauf. Liegt ein genetischer oder anderweitig nicht behebbarer Defekt beim Hund vor, scheidet eine Nachbesserung regelmäßig aus. In Betracht käme allein eine Nacherfüllung. Eine Nachlieferung ist immer dann unproblematisch möglich, wenn der Verkäufer Zugriff auf vergleichbare Waren hat und der Käufer kein Interesse daran findet die mangelhafte Sache zu behalten. Beim Tierkauf hat der Käufer aber regelmäßig ein Interesse (wer gibt seinen Hund wegen eines Mnagels schon zurück) das erworbene Tier trotz Mangels zu behalten. Vor allem bei privat genutzten Tieren orientiert sich der Käufer beim Kauf nicht allein an objektiv festzumachenden Merkmalen. Seine Kaufentscheidung wird oftmals auch von Empfindungen, Eindrücken und anderen subjektiven Elementen bestimmt. Hier will der Käufer das mangelhafte Tier nicht einfach abgeben und irgendein anderes erhalten. In diesen Fällen ist eine Nacherfüllung nicht möglich. Der Käufer muss sich nicht hierauf einlassen.
Sofern der Käufer das mangelhafte Tier aus vorgenannten Gründen behalten möchte, kommt für ihn ein Rücktritt vom Vertrag ebenfalls nicht in Frage. In diesem Fall bekäme er den Kaufpreis lediglich dann zurück, wenn er dem Verkäufer das Tier wieder übergibt.
Es verbleiben Kaufpreisminderung und Schadensersatz.
Während Kaufpreisminderung unter leichten Voraussetzungen möglich ist, sind einige Hürden für den Schadensersatz zu überwinden. Schadensersatz wird der Käufer immer dann verlangen, wenn er nicht nur den Kaufpreis entsprechend des geringer zu bewertenden mangelhaften Hundes angleichen will, sonder darüber hinaus finanzielle Einbußen ersetzt verlangt. Hat der Verkäufer wegen des Mangel Dispositionen betroffen, musste er beispielsweise Tierarztkosten tragen, so kann er den Betrag nicht über die Kaufpreisminderung ausgleichen, sondern muss ihn durch Schadensersatz regulieren. Der Verkäufer hat allerdings nur die Pflicht zur Zahlung von Schadensersatz, wenn ihn ein Verschulden am Mangel trifft.
Somit muss ihm nachgewiesen werden, dass er den Mangel hätte verhindern können. Praktisch bedeutet dies, dass der Verkäufer bei der Zucht oder Aufzucht des Hundes Fehler zu verantworten hat, die kausal den Mangel herbeiführten. Vor allem bei Erb- oder anderen unvorhersehbaren Krankheiten ist dies in aller Regel nicht der Fall.
Die Ansprüche des Käufers sind in diesem Fall leider nur die der Minderung des Kaufpreises.
Für diese umfangreiche Ausarbeitung bedanke ich mich sehr herzlich und hoffe, dass sie dem einen oder anderen Leser wertvolle Informationen geben kann!
(Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesem Beitrag um einen Gastbeitrag von Frau RAin S. Beaucamp handelt und nicht um eine Rechtsberatung meinerseits.)